Freitag, 26. September 2014

Geschichten aus den Seitenstrassen von San Francisco


"Geschichten erzählen von Freude und Fleiß, Geschichten erzählen, die noch keiner weiß ... Fragt doch die Leute!"  - so lautete das Titellied einer Serie vom Sandmann zu Ost-Zeiten. Lustigerweise waren sowohl mein Mann als auch ich als Kinder große Fans dieser Einblicke in den Alltag der DDR. Meistens wurden Berufe vorgestellt und wir lernten, was beispielsweise ein Klempner eigentlich macht. Noch heute interessieren uns die ganz einfachen Geschichten in Amerika oft mehr als die großen Touristen-Attraktionen. Wie funktioniert dieses Land, diese Kultur? Wie denken die Menschen? Wo gehen die "Locals" essen und einkaufen? 


Selbstportrait über den Dächern San Franciscos.

Aber unser Touristen-Sein können wir ja auch nicht ganz leugnen. Eine schöne Mischung aus beidem sind Führungen durch San Francisco, die von Freiwilligen angeboten werden. Mit ein paar Mädels aus meiner Selbsthilfegruppe nahm ich bei so einer Walking Tour durch North Beach teil. Die Touren sind sehr informativ und kostenlos! Man erhält Einblicke, die man als Tourist allein nicht findet. Wer käme schon auf die Idee, auf die Dach-Etage eines alten Parkhauses zu steigen, weil man da einen wundervollen Blick auf Kirchen, Wolkenkratzer und Alcatraz hat! Dazu gab es Salami-Scheibchen, Focaccia und Kuchenpröbchen aus den Küchen und Bäckereien des auch als "Little Italy" bekannten Viertels.

Als wir im Café Trieste - der ältesten Espresso-Bar der Stadt - noch unsere Sucht befriedigen wollten, bekamen wir noch einen ganz anderen Einblick in das Leben hier: Ein großer alter Baum vor den Stufen der St. Francis Kirche war voller Wucht quer über die Straße gefallen und hatte zwei Autos unter sich als Blechschaden begraben. Das Beängstigende war, dass wir genau dort zwei Stunden vorher mit unserer Tour-Leiterin gestanden hatten, als sie uns erzählte, wie die Kirche gerettet wurde (durch private Initiativen natürlich!). In den öffentlichen Kassen in San Francisco sieht es dagegen mau aus, und so spart man anscheinend da, wo es nicht jeder gleich merkt, zum Beispiel an Gärtner-Arbeiten. Das Problem: Werden die schweren Baumkronen der rund 150 Jahre alten Gewächse nicht regelmäßig ausgedünnt, werden sie einfach zu schwer und verursachen Unfälle. Schaulustige versicherten mir, es sei der dritte Baum innerhalb von sechs Monaten, der in diesem Straßenzug einfach keine Lust mehr hatte, rumzustehen. Und die Stadt mache einfach nichts dagegen, sprich: sie gibt anscheinend immer noch kein Geld für den Baumschnitt aus. So wurde unser Ausflug am Ende sogar noch politisch. Ich merkte, wie die Gemüter in der City an der Bay wegen Ungerechtigkeiten aufbrausen. Die finanzielle Ungleichheit ist hier ein Dauerthema. 


Hier sind wie immer meine fotografische Einblicke in die Seitenstraßen und über die Dächer San Franciscos:



In den Gassen von Chinatown hängt Wäsche zum Trocknen an der Fassade.


An der Grenze zu Chinatown befanden sich schon immer viele Clubs.


St. Francis Church mit Baumkronen vor dem Um-Fall.


Café Trieste - in einer ruhigen Seitenstraße vor dem Baumschaden.



North Beach ist traditonell italienisch geprägt. Hier gibt es seit 1896 fantastische Salami.


Der Blick vom Dach offenbart, wo Stretchlimosinen tagsüber schlafen.


Links St. Francis, in der Mitte die Oakland Bridge, rechts Financial District.


Und auch die Polizei beobachten wir von oben.


Dachterasse.


North Beach war auch Aufenthaltsort der Beat Generation. Das verkauft sich gut.


Marios Zigarren Laden ist heute ein Café, wo es leckere Sandwiches gibt...


... und das San Franciscoer Anchor-Beer.


Lieblingskirche der Italiener zum Heiraten: St. Peter and Paul.


Segnender Jesus über dem Eingang zur Kirche.


St. Peter and Paul und im Hintergrund der Coit Tower.


Entwurzelter Baum vor der St. Francis Kirche.


Zwei Autos hatten Totalschaden.


Hier sieht man gut, wie ungleichmäßig die Baumkronen gewachsen sind.




Müde Füße nach der Walking-Tour.




City Lights war und ist der Verlag für die Autoren der Beat-Generation. 


Im Nachbar-Club feierten Allen Ginsberg und Co.


Dieses wunderschöne Haus kaufte Francis Ford Coppola und ließ es sanieren.


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