Samstag, 31. Mai 2014

Meine Selbsthilfegruppe

Freitag morgens ist meine Stimmung in der Regel im Eimer: das frühe Aufstehen, die lange Woche, das fünfte Mal hintereinander meine Zweijährige davon überzeugen, zügig das Haus zu verlassen ... Und, wie ich unlängst erwähnte, fühle ich mich einsam. Denn die Freundschaften mit den Einheimischen sind noch recht spärlich gesät. Mein Mann und mein Kind aber sind tagsüber weg. Was also tun, wenn man (leider meistens nur frau) in einem fremden Land sitzt, der Partner voll beschäftigt mit seinem Job ist, man selbst aber keine Arbeitserlaubnis besitzt und die Kinder endlich gut versorgt sind?

Kaffee trinken? Den lieben langen Tag? Freitags mache ich das. Ich treffe mich mit anderen Frauen, die fast alle ihren Wissenschaftler-Ehemännern hinterhergereist sind. Ich nenne das meine Selbsthilfegruppe. Denn jedes Mal, wenn ich dort bin, geht es mir hinterher wesentlich besser. Ich lerne andere Frauen kennen, die sich alle in einer ähnlichen Situation befinden, mit ähnlichen Problemen fertig werden müssen und die allesamt sehr interessante Geschichten haben. Schon der Mix der Kulturen ist spannend:

Miki kommt aus Japan, Diana aus Italien, Anna stammt aus Polen, Berit ist Norwegerin, Sarina ist Deutsche, Xiao stammt aus China und Yvonne ist Amerikanerin.

Yvonne hat als junge Frau selbst in Deutschland gelebt und aus dieser kulturellen Erfahrung ihre Lebensaufgabe gemacht: Frauen aus dem Ausland darin zu unterstützen in den USA klarzukommen. Sie ist jeden Freitag um 11 im Café Stella gegenüber vom Campus und hört zu, stellt Fragen und gibt ein paar kleine Tipps. Es hört sich zwar nicht weltbewegend an, aber hier habe ich gelernt, dass es in Amerika kompostierbare Plastikbecher gibt, die aus Mais hergestellt werden, oder wie lange man wo parken darf. Das gibt mir das Gefühl, wieder ein kleines bisschen besser das amerikanische Leben zu verstehen. (Amerikaner verzichten eben nicht auf ihre gewohnten Plastikbecher, aber stellen nun umweltverträglichere her. Auch wenn das nicht für alle Wegwerfbecher gilt, aber das ist ein anderes Thema.)

Und auch wenn ich es schade finde, bisher noch nicht mehr mit Amerikanern rumzuhängen, ist es vielleicht einfach nur natürlich, dass man sich zu denen hingezogen fühlt, die einem ähnlich sind oder in einer ähnlichen Situation leben. Fast alle der Frauen haben Kinder bzw. haben die Zeit im Ausland genutzt, Kinder zu bekommen (was bleibt den mitreisenden Ehefrauen auch meistens anderes übrig?!). Man darf sich ruhig über amerikanische Angewohnheiten aufregen und erfährt obendrein noch, wie Selbiges von China bis Polen gehandhabt wird.

Unlängst haben wir sogar eine kleine Tagesreise unternommen. Wir sind nach Sonoma gefahren, einem Städtchen nördlich der Bay Area, das bekannt für seinen Weinanbau ist. Natürlich haben wir auch an einer Weinverkostung auf einem kleinen Weingut teilgenommen, dessen Gründer zwei Deutsche waren, was man heute noch am Namen erkennt (Gundlach-Bunschu).

Hier ein Selbsthilfegruppenbild, in nicht mehr ganz nüchternem Zustand (außer die stillenden Fahrerinnen natürlich!):



P.S.: Und hier noch der Link zu Yvonnes Blog mit meinem Post auf Englisch übersetzt.

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