Freitag, 26. Dezember 2014

Das schönste Fest im Jahr

Helenes größter Wunsch: ein Nussknacker! Foto: R. Dunham.

Gegen das große Heimweh aller Deutschen im Ausland am Weihnachtsfest habe ich vorgebeugt. Ich bin einfach am 1. Advent aus Kalifornien wieder nach Hause geflogen. Trotzdem konnten wir dieses Jahr den Advent wenig genießen. Zu viele organisatorische Probleme musste ich bewältigen und konnte mich nicht so hingebungsvoll mit der Tochter den Festtagsplanungen widmen, wie ich es wollte. Am letzten Tag des Weihnachtsmarktes waren wir dann aber doch noch einmal auf dem historischen Marktplatz Leipzigs. Und an Heilig Abend haben wir es wundersamerweise noch geschafft, die Weihnachgtsdekoration hervorzukramen. Der Mann, frisch aus San Francisco eingeflogen, hat außerdem auch den Tannenbaum aufgestellt, so dass es sooooo gemütlich bei uns wurde, wie wir es erhofft hatten.

Die Bilder sind ein Willkommensgruß der Heimat und gleichzeitig ein Einblick in dieses schönste Fest des Jahres in deutscher Ausprägung für alle internationalen Mitleser.



Leipziger Weihnachtsmarkt, links die Thomaskirche, in der J.S.Bach wirkte.




Selbstgebackener Lebkuchen.



Im Dunkeln strahlt der Stern! Die neogotische Peterskirche am Heilig Abend.

Pyramide mit Engeln aus dem Erzgebirge.

Unseren schlichten Tannenbaum ...

... zieren in diesem Jahr auch amerikanische Candy Canes.
Die kommen laut Wikipedia ursprünglich aus Köln, also Deutschland!




Freitag, 19. Dezember 2014

Auf der Reise

Welches Kind gehört zu welchem Koffer?
Helene auf dem San Francisco International Airport.

Fast drei Wochen sind die Tochter und ich in Deutschland. Angekommen sind wir noch lange nicht. Wir befinden uns vielmehr auf einer Reise in unser neues altes Leben. 

Die Flugreise und die Begleitumstände (Nachtflug und daraus resultierender Schlafmangel plus Mörder-Jetlag) sind überwunden. Für die erste Woche hatte ich glücklicherweise die Großeltern reserviert und die Uroma hat uns bei sich aufgenommen. Das machte die ersten Tage aushaltbar. Wirklich herausfordernd wurde es erst als wir in unsere Wohnung in Leipzig zurückkehrten. 

Dabei bin ich von vielfältiger Seite vor dem "re-entry culture shock" gewarnt worden. Also davor, dass man sich in seinem alten Zuhause nicht mehr wohlfühlt, weil man in einer fremden Kultur gelebt hat, die einem vertraut geworden ist. Doch dieses Phänomen kann ich bei mir nicht feststellen. Vielleicht war ich nicht lang genug weg, vielleicht kommt der Schock erst nach einer gewissen Zeit (war ja in Amerika am Anfang auch rosig bevor die Enttäuschungen und Frustationen einsetzten). Vielleicht bin ich auch nur so komplett eingenommen von den alltäglichen Anforderungen, dass ich keine Zeit habe zum Grübeln. Nur leider bin ich auch bereits voll am Anschlag. Noch ein Ding und ich falle tot um, oder so.

Aber der Reihe nach: Wie gesagt war am Anfang die Schlaflosigkeit ein großes Problem. Gleichzeitig war ich aber so angetan davon, nach Hause zu kommen, dass ich alles euphorisch begrüßte, sogar den ersten Frost mit seinem eisigen Wind. Wirklichen Sonnenschein haben wir seit unserer Ankunft dagegen nicht gesehen. Der graue und dunkle Dezember ist ein schlechter Monat, um positive Gefühle für Deutschland zu entwickeln! Meine kalifornischen Rest-Sonnenstrahlen reichten etwa 14 Tage, um mein Gemüt aufzuhellen. Inzwischen ist dieser Lichtpuffer längst aufgebraucht. Insgesamt fühlt es sich an, als wären wir gar nicht weggewesen. Denn auch bei unserer Abreise Anfang Februar war es grau und eisig und es schneeregnete. Das Zuhause meiner Oma ist außerdem zeitlose Heimat schlechthin. Und auch in unserem Haus in Leipzig ist die Zeit schon lange stehen geblieben.

Wir hatten wunderbarerweise ab der zweiten Deutschlandwoche einen Kindergartenplatz für Helene ergattert. Aber die Erleichterung, die ich mir daraus erhoffte, lässt auf sich warten. Wir haben noch nicht einmal richtig mit der Eingewöhnung begonnen! (Erst weil wir ohne ärztliches Attest nicht ins Haus durften, dann weil Helene krank geworden ist und nun weil eben kurz vor Weihnachten gar nichts mehr geht.) Anstatt also mein Kind wenigstens am Vormittag im Kindergarten abzugeben, damit ich mich anderen Aufgaben zuwenden kann, trabe ich mit der Tochter zusammen dorthin. Alles -  Termine wahrnehmen, Telefonate, E-Mails-Schreiben und An-Wichtiges-Denken  - muss ich danach machen, während das Kind um mich herum spielt. Denn unsere Dreijährige ist so anhänglich als wäre sie gerade neun Monate alt. Wenn sie mich fünf Minuten lang nicht sieht, ruft sie: Mama, ich bin hier! Oder trägt mir einfach ihr Spielzeug hinterher und lässt sich da nieder, wo ich gerade beschäftigt bin, bis hin zum Klo. Dass ich mich dabei nicht auf Behördenanrufe konzentrieren kann, sollten mindestens alle Eltern nachvollziehen können.

Und dabei habe ich eine unendlich lange Liste abzuarbeiten, von der ich bereits im Ausland alles getan hatte, was möglich war. Und nichts davon scheint einfach mal ohne Probleme zu funktionieren: Krankenkasse suchen, Versicherungen neu abschließen, Auto kaufen, Arztbesuche etc. Ach nein, doch: Mit unseren Untermietern hatten wir Glück. Unsere Wohnung haben wir in einem akzeptablen Zustand vorgefunden. Eine der Damen hat mit uns noch für zwei Wochen die Wohnung geteilt und das verlief angenehm. Aber auch da muss ich Bürokram erledigen (Wohnungsübergabe, Zählerstände ablesen und melden usw.).

Und bei alledem ist ja der Mann weit weg. Die Tochter vermisst den Papa und ich habe die Schnauze davon voll, rund um die Uhr für alles allein verantwortlich zu sein. Dann noch Altlasten und Ärger in den USA, der an den Nerven zehrt! Da fehlte mir nur noch, dass ich mir den Fuß verstauche! Nun humpel ich durch die Gegend und kann wirklich nur das Allernötigste tun. Und unsere Wohnung ist ja noch lange nicht das Zuhause, das wir verlassen haben: Kisten müssen ausgepackt werden, Neuanschaffungen sind erforderlich (die man vor einem Auslandsaufenthalt natürlich aufschiebt) und die Koffer aus Kalifornien sind auch noch nicht vollständig geleert.

Das Ankommen dauert also. Und für die ach-so-besinnliche Weihnachtszeit habe ich gar keine Zeit. Dabei wollte ich den Advent ja um  alles in der Welt Zuhause verbringen! Aber ich komme gar nicht zur Ruhe, innerlich und äußerlich. Geschenke gibt es dieses Jahr jedenfalls keine von mir, ich komme nicht dazu, mir darüber den Kopf zu zerbrechen. Auch sind die Treffen mit Freunden noch spärlich gesät. Dass die sich nicht genug für das interessieren, was wir in Kalifornien erlebt haben, so wie es die Kulturschock-Theorie besagt, habe ich deshalb noch gar nicht austesten können. (Und ich habe ja auch vorgebeugt, indem ich den Blog geschrieben habe.)  Aber vielleicht ist dieses Straucheln, die Erfahrung, dass Nichts, aber auch gar Nichts glatt läuft bei unserer Ankunft, ja auch schon Teil des Schocks. Vielleicht bin ich bereits genug frustriert. Nur habe ich das bisher nicht auf Deutschland geschoben, sondern auf die für mich unglücklichen Umstände.