Samstag, 25. Oktober 2014

Lieblingsbrücke am Golden Gate

Eine halbe Sehnenscheidenentzündung und ein langsam den Geist aufgebender Computer halten mich derzeit vom Schreiben langer Blogeinträge ab. Deshalb gibt es fünf Wochen vor unserer Abreise nach Deutschland hier noch eine Fotoreihe mit der schönsten Brücke der Welt. Ich werde sie vermissen!












Panoramabild zum Vergrößern anklicken.

Donnerstag, 16. Oktober 2014

Art Deco made in USA

Leuchtreklame am Broadway in Oakland: Bob Dylan ist der nächste Gast im Paramount Theatre.

So etwas hatte ich nicht erwartet! Ein paar Schnörkel neben der Leinwand und eine schöne Eingangstür - so in etwa malte ich mir das Innere der Art Deco-Kinos in Oakland aus, von denen ich bereits bei unserer Wohnungssuche auf Wikipedia gelesen hatte (noch in Deutschland im letzten Winter). Mir war damals bereits klar, dass ich mir das echt und in Farbe ansehen musste. Doch hatten wir zuerst kein Auto, einen Babysitter noch lange nicht und eigentlich waren wir jeden Abend so erschöpft, dass mich unser Besucher geradezu zwingen musste, doch noch auszugehen.


Ich war eingestimmt auf eine Vorführung des amerikanischen Klassikers "Breakfast at Tiffany's". Den Film hatte ich schon mehrere Male auf Deutsch gesehen, das Buch von Truman Capote - übrigens mit einem anderen Ende - geradezu verschlungen. (Die Kinoabende mit Filmklassikern im Paramount Theatre finden einmal im Monat statt und kosten nur fünf Dollar.) Als wir nach einer hektischen Parkplatzssuche an einem Freitagabend in Downtown Oakland das Gebäude betraten, haute es mich um! Das war kein Kino, das war ein Palast! Vergleichbar höchstens mit europäischen Opern in Großstädten. Hier hatte sich der Art Deco-Architekt Timothy Pflueger ein Denkmal gesetzt, das mir einerseits übertrieben erschien, aber es mit Leichtigkeit schaffte, Begeisterungsstürme in mir auszulösen. Jedes Detail sitzt, selbst die Sofabezüge in den Warteräumen vor den Toiletten. Ganz zu schweigen von der Eingangshalle, den Aufgängen und dem Kinosaal selbst!


Deshalb ist dieses Kino, das 1931 eröffnete, für mich so sinnbildlich für Amerika: Es ist eine riesen Show, aber es erzeugt Hingabe. Nicht selten sind die Zuschauer wie die Figuren aus den Filmklassikern gekleidet (zumindest macht sich jeder hübsch - und das will in Kalifornien, dem gelobten Land der Casual- und Sport-Mode, etwas heißen!). Schon bei den einleitenden Werbe- und Nachrichten-Kurzfilmen applaudiert das Publikum stürmisch. Eine halbe Stunde vor Veranstaltungsbeginnt spielt der Organist die Wurlitzer-Orgel vor dem roten Vorhang. Bevor der Hauptfilm beginnt, wird noch eine Pause für ein Gewinnspiel eingelegt - eine riesen Show eben. Die Filmklassiker schauen Fans und Filmstudenten an, die Zuschauer gehen emotional bei der Handlung mit, buhen schon mal den Bösewicht aus oder jubeln bei Triumphen der Helden. Nach der Vorführung kann man sich noch weiter das Kino anschauen und fotografieren. Touren zur Architektur des Paramount Theatres gibt es außerdem Samstags.


Ich musste hierher zurückkommen, wollte dieses Kultur-Erlebnis mit meinem Gatten teilen (und endlich fanden wir auch den Babysitter dazu). Diesmal wurde Roman Polanskis Chinatown gezeigt, ich liebe diesen Film und mein Mann hatte ihn noch nicht gesehen. Die Geschichte um eine künstlich erzeugte Dürre in L.A. passt natürlich auch zur lang anhaltenden Dürre in Kalifornien. Die tragische Liebesgeschichte, ebenso Charakterstudie und Kriminalfilm, die in den 1930ern spielt, faszinierte uns beide und war geradezu prädestiniert in diesem Kinopalast vorgeführt zu werden!


"Palace" war anscheinend in den 1920ern  und 30ern auch tatsächlich das Wort, was für diese Mehrzweckkinos verwendet wurde. Paramount war damals nicht nur eine Filmproduktionsfirma, sondern unterhielt ebenso eine erfolgreiche Kinokette und war Bauherr des Gebäudes am Broadway in Oakland. Timothy Pflueger, Sohn deutscher Immigranten und Architekt aus San Francisco, erhielt den Auftrag. Er war ebenso mit dem Castro Theatre in San Francisco, Hochhäusern und Bars beauftragt worden und zählt zu den berühmtesten Architekten der City. Er war außerdem am Bau der Bay Bridge beteiligt und Mitbegründer des San Francisco Museum of Modern Art, sein Stil prägte die San Francisco Bay Area. 

Von Anfang an war die Spielstätte am Broadway in Oakland als Multizweckgebäude gedacht. Sie kostete rund drei Milliarden Dollar. Kostpielige Materialien, wie Teakholz und italienischer Marmor, wurden verwendet. Pflueger arbeitete mit bekannten Künstlern und Designern zusammen und erschuf so eine Stätte, die von Kunsthandwerk geradezu überquillt. Nicht einmal ein Jahr nach der Eröffnung im Dezember 1931 konnte das Kino die laufenden Kosten von 27.000 Dollar pro Woche nicht mehr aufbringen und musste schließen. Nach über einem Jahr und dem Verkauf konnte das Haus als reines Kino wieder eröffnen und stand unter rigiden Sparmaßnahmen, das Orchester wurde einfach gestrichen. Der Name "Paramount" wurde allerdings beibehalten. Bis 1970 konnte es im Konkurrenzkampf um Kinobesucher bestehen, dann schloss es abermals. Inzwischen gehört das Kino der Stadt Oakland und wird von einer gemeinnützigen Gesellschaft verwaltet. Heute ist das Paramount Theatre in Oakland kein reines Kino, sondern Stammhaus der Sinfonie und des Oakland Ballet. Außerdem finden regelmäßig Konzerte aller Stilrichtungen statt. Die "Classic Movie Nights" sind legendär. So ist es schließlich doch noch zu dem geworden, was eigentlich seine Bestimmung war. Und auch wenn dieser Kinopalast nicht das einzige Art Deco Kino der Stadt ist, ist es doch das berühmteste.

Hier meine fotografischen Eindrücke vom Paramount Theatre:





Über der Eingangstür leuchtet der Himmel.

Die 18 Meter hohe Eingangshalle ... 


... lässt den Zuschauer ehrfürchtig die Spielstätte betreten.




Wie eine Fontäne sind die Leuchten angeordnet.




Der Hauptgang mit den Türen zum Veranstaltungssaal.






Sofas, Stehlampen, Spiegel, Skulpturen gehören zum Interior.

Mehr als 3000 Zuschauer haben im Hauptsaal und auf den Rängen Platz.


Allein die Wurlitzer-Orgel hat 1931 bereits 20.000 Dollar gekostet.


Die vergoldeten Wände zeigen Motive aus der Bibel und der griechischen Mythologie.



Und natürlich sind auch die Kinosessel entsprechend hübsch.


Das Publikum (im Dunkeln) applaudiert begeistert zum Titelbild.


Auch der Gang zu den Toiletten wirkt majestetisch.


Was für ein schöner Schriftfont fürs WC!


Der Warteraum vor den Damentoiletten ist verspielt.


Der vor den Herrntoiletten etwas klarer.


Aufgang zu den oberen Rängen.


Schicke Sofas und Stehlampen für die Pause.


Der oberere Gang - geziert mit mythologischen Figuren aus Gold.


Schminkraum für die Damen im oberen Stockwerk.


"Ladies".




Der Eingang zu den oberen Toiletten gefällt mir besonders gut!


"Men".


Wieder ein Wartesalon vor dem WC, in dem Mann auch gerne länger auf die Dame wartet.


Blick auf den Ausgang vom oberen Gang.

Samstag, 11. Oktober 2014

Pow Wow in Berkeley oder wie wir mit den Indianern feierten

Am Montag ist Kolumbus-Tag. Der wird zur Erinnerung an die Ankunft Christopher Kolumbus am 12. Oktober 1492 in den USA und auch in einigen Ländern Südamerikas gefeiert. In den Staaten ist immer der zweite Montag im Oktober Feiertag. Aber nicht überall. Denn die Ankunft der Europäer auf dem amerikanischen Kontinent wird schon längere Zeit kontrovers diskutiert. Seit den 1960ern setzt sich das "American Indian Movement" für die Rechte der Indianer in den USA ein. Besonders in Berkeley ist man sich der negativen Folgen der Entdeckung Amerikas für die Ureinwohner, die "native Americans", bewusst. Und hier legt man auf die Gleichstellung aller Menschen den höchsten Wert. 1992, zum 500. Jahrestag, wurde der Columbus Day in Berkeley deshalb zum "Indigenous Peoples Day" (Indigene Völker-Tag) umbenannt. Das löste ein großes Echo in den Medien aus und hatte Vorbildwirkung für viele andere kalifornische Städte und amerikansiche Eliteuniversitäten.

Noch heute wird an diesen Tag der offiziellen Umbenennung gedacht und auch in diesem Jahr fand in Berkeley der Indigenous Peoples Day (bereits am Samstag) mit einem Indianermarkt und einem Pow Wow statt. Letzteres ist die Bezeichnung für eine Art ritualisierte indianische Kulturveranstaltung. Nordamerikanische Indianer (manchmal auch Nicht-Indianer) kommen zusammen, tanzen, lernen sich kennen und ehren die indianische Kultur. Die Pow Wow-Tänzer spielen dabei eine wichtige Rolle. Auch heute waren einige Tänzer weit angereist, beipsielsweise aus dem 2500 Kilometer entfernten Oklahoma, wo immer noch sehr viele Ureinwohner leben.

Wir wollten es uns nicht entgehen lassen, echten Indianern beim Tanzen zuzusehen! Was auf den ersten Blick aussah wie die Karl-May-Festtage in Radebeul, entpuppte sich schnell als etwas viel Bewegenderes. Wir verfolgten den Azteken-Tanz und nahmen an einem Friedensgebet der Indianer teil. Die Azteken trugen den prächtigsten Kopfschmuck. Viele Pow Wow-Tänzer stellen ihre aufwendige Kleidung selbst her, manche arbeiten Jahrelang an einem neuen Kleid. Mir gefielen auch die Lederschuhe, die sich weich um die Füße wickeln. Die Tänzer fangen zudem sehr früh an zu tanzen, und der älteren Generation ist es wichtig, die Tradition weiterzugeben. Deshalb tanzten auch viele Kinder mit. Und die sahen besonders schön aus! Bei der Ansprache vor dem Friedensgebet zum "Creator" (Schöpfer) erklärte der Moderator, wie müde die Indianer vom Kämpfen sind. Die Ältesten wünschen sich Frieden für ihre Kinder und Kindeskinder, sie wollen, dass sie Teil der Gesellschaft sein dürfen, und ihr indianisches Erbe dabei einbringen dürfen. Mir kamen die Tränen, denn auch wenn ich mich bisher relativ wenig mit der Geschichte der Indianer in Amerika beschäftigt habe, weiß ich doch, dass die meisten aus dummen Gründen sterben mussten.

Heute stammen nur noch knapp ein Prozent (etwa drei Millionen) der US-amerikanischen Bevölkerung komplett von amerikanischen Ureinwohnern ab. Kalifornien ist der Bundesstaat mit den zahlenmäßig meisten Indianern, aus über 100 (eher kleinen, unbekannten) Stämmen! Uns fiel bei dem Ureinwohnerfest aber auf, dass viele der Indianer, die meisten in auffallender Kleidung, ganz verschiedene Hautfarben haben! Wir hatten allerdings noch in keinem Indianerfilm schwarze, lateinamerikanische oder gar echte weiße Krieger gesehen! Im Laufe der neueren amerikanischen Geschichte mischten sich wohl auch hier die Lebensläufe bunt, so wie im Rest der Bevölkerung. So leben noch einmal rund drei Millionen Amerikaner mit teilweise indianische Wurzeln hier, von denen sich manche mehr, manche weniger mit ihrem Erbe identifizieren. Und das Verhältnis zwischen diesen beiden Gruppen ist auch bisweilen angespannt. Die heute anwesenden Tänzer identifizierten sich aber offensichtlich sehr mit ihren indigenen Vorfahren. Und bei der allgemeinen Verwirrung über die amerikanische (Nicht-) Identität sind indianische Wurzeln auch etwas sehr Besonderes. Die Betonung, dass die Vorfahren schon seit 10.000 Jahren hier leben ist etwas Außergewöhnliches, wenn mehr als 98 Prozent der Bevölkerung eingewandert sind!

Die Stämme sind allerdings in ihrer Entwicklung und Kultur so vielfältig, dass ich als Nicht-Expertin schnell das Handtuch werfen muss. Nur so viel: Die berühmten Azteken waren ein Stamm der Nahua-Gruppe, der heute größten indigenen Bevölkerungsgruppe Nordamerikas. Die leben bis heute vorwiegend in Zentralmexiko. Durch die hohe Einwanderungsrate aus Mexiko leben aber auch inzwischen in den USA viel mehr Menschen mit dieser Abstammung. Der Tanz der schönen Kopfschmuckträger ist ein Azteken-Tanz. Hier ein Video (sieht am besten im kleinen Format aus...) und ein paar Fotos:







Der Haupttrommler beim Azteken-Tanz.

Auch die Kinder steckten in aufwendigen Kleidern, wunderschön!

Der Indianermarkt bot eine große Auswahl an Traumfängern, aber dieser Schmuck war besser!


Kopfschmuck im Rollkoffer.

Helene und Indianerkinder.


Einer der Tänzer mit indianischen und afrikanischen Vorfahren.