Mittwoch, 1. Oktober 2014

Deutsch-Amerikanische Freundschaft



Oktoberfest made in USA: "Bratwurst-Throwing" und "Yodeling".



Fast jeder Amerikaner, den wir kennen lernen, hat deutsche Wurzeln - zumindest war die Urgroßmutter zur Hälfte deutsch oder der Onkel von Deutschen adoptiert ... Nein, im Ernst, Wikipedia verrät: "Über 50 Millionen Amerikaner gaben in der 2010 durchgeführten Volkszählung „German“ als ihre Hauptabstammung an. Damit sind die Deutschamerikaner die größte Bevölkerungsgruppe in den Vereinigten Staaten." Diese Fakten überraschen sowohl in der Heimat als auch in den Vereinigten Staaten von Amerika, denn die hohe Anzahl von deutschstämmigen Amerikanern ist weniger offensichtlich als etwa bei Afroamerikanern oder Lateinamerikanern. Wenn man aber die vielen verschiedenen Einwanderunsgwellen aus Germania bedenkt, wird die hohe Zahl nachvollziehbar. Anfangs erfolgte die deutsche Einwanderung wegen Hungersnöten, Armut oder religiöser Verfolgung,  später betraf es (jüdische) Intellektuelle, Künstler und Ingenieure, vor allem während des Dritten Reiches. Viele Städtegründungen gehen auf Deutsche zurück und so findet man beispielsweise "New Leipzig" in North Dakota und "Altenburg" in Missouri. Bis heute sind die USA ein beliebtes Ziel deutscher Immigranten, vor allem Wissenschaftler zieht es wegen besserer Bedingungen in der Forschung hierher. (Das kann mein Wissenschaftlergatte in Bezug auf Universitäten auf jeden Fall bestätigen.)

In Kalifornien scheinen auf den ersten Blick die Haupteinwanderungsgruppen Lateinamerikaner und Asiaten zu sein. Das ist aber nur halbrichtig: Im Norden Kaliforniens sind Deutsche die Hauptvorfahren und im Süden Mexikaner. Und zumindest in der San Francisco Bay Area sind die (weißen) Amerikaner auch Weltreisende. Deutschland gehört als Reiseziel definitiv mit dazu. Und, wie ich bereits kurz nach unserer Ankunft berichtete, leben in unserer Nachbarschaft auch viele deutsche Juden und deren Nachfahren.


Deutsche Amerikaner sind visuell nicht von anderen Weißen zu unterscheiden und haben es deshalb einerseits leichter als andere, sich zu integrieren (was nicht immer so war). Auf der anderen Seite fallen sie eben weniger auf, auch weil sie sich mit ihrer Erfolgsorientierung relativ gut in die amerikanische Gesellschaft einfügen. Eine Deutsche wie mich, die hier ganz frisch aus der "Heimat" eintrifft, überraschen dann aber offensichtliche Bezüge zur deutschen Kultur. Dazu gehört, dass man hier überall "Soft-Pretzels" (Laugenbrezeln) kaufen kann. (Die kommen aber zugegebenermaßen nur in "Esther's German Bakery" ans Original heran!)

Kürzlich wurden auch in den Staaten an vielen Orten "Octoberfests" eingeläutet. Dass man dort Wettbewerbe im "Bratwurst Throwing" (Bratwurst-Werfen) und "Mug Holding" (Bierglas-Halten) betreibt, hat mich eher amüsiert. Aber als man mich fragte, ob ich auch das Oktoberfest besuche, war ich einfach nur verwundert! Dieser bayerische Brauch interessiert mich Ostdeutsche nicht die Bohne, wird aber in den Staaten mit Gesamtdeutschland assoziiert! Und da verwundert es dann kaum noch, dass die aus Hamburg stammende Biersorte "St. Pauli" mit einem vollbusigen, blonden, in ein Dirndl gezwängtem "Madl" wirbt. 

Neben diesen bayerischen Bezügen ist es vor allem die "German quality" (deutsche Qualitätsarbeit), die hierzulande geschätzt wird. Und in der Bay Area können sich auch viele die zu hohen Preisen importierten deutschen Produkte leisten! Das reicht von Schuhen über Spielzeug von Käthe Kruse oder HABA bis hin zu Weleda-Kosmetik (die kostet hier allerdings doppelt so viel wie zu Hause). Und wer noch weiter geht, kauft auch in Amerika Miele-Waschmaschine, Bosch-Bohrer und Mercedes-PKW.  Daneben ist Kleidung für die, die auf hohe Qualität und Verarbeitung achten, ebenso made in Germany.

Aber nicht nur Produkte, sondern auch deutsche Bildung wird in unserer Gegend immer mehr geschätzt. So erfuhr ich heute bei einem Interview mit der Direktorin der Deutschen Schule in Berkeley, dass immer mehr Amerikaner ihre Kinder auf diese Privatschule schicken, die zu Hause gar kein Deutsch sprechen. Die hoch engagierten Eltern in der Bay Area investieren sehr viel in die Bildung ihrer Kinder. Die Deutsche Schule bietet ihnen nicht nur die Möglichkeit ihren Nachwuchs zweisprachig aufwachsen zu lassen, sondern  erleichtert auch den Zugang zum deutschen Wirtschaftsstandort. Aber viel wichtiger noch: Wer in den USA ein in Deutschland anerkanntes Abitur macht, darf kostenlos an einer deutschen Universität studieren und spart sich damit die hohen Studiengebühren Amerikas. Clever!

Inzwischen habe ich noch eine andere Liebe zum Deutschtum entdeckt, die in der so europäisch anmutenden Stadt San Francisco zu finden ist: Deutsche Wörter sind Mode! So wirbt ein kleines, feines und teures Kindermodelabel aus der Stadt am Golden Gate mit einer Kollektion, die durch Deutschland inspiriert sein soll. Natürlich werben auch die Modemacher mit Strickjacken, die sie "Bavarian Beauties" (Byerische Schönheiten) nennen und siedeln selbst Elche, Wölfe und Bären im Bayerischen Wald an. Aber die restlichen Kleidchen sind wirklich hübsch: "fashionable Fräulein", "Welcome to Kinderland", "Happy little Holzfäller" und "Alpine Abenteurer" heißen die Werbesprüche dazu. Ob ich allerdings wirklich einen Kinderpullover kaufen würde, wo "Gesundheit" drauf steht, muss ich mir nochmal überlegen!


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