Samstag, 11. Oktober 2014

Pow Wow in Berkeley oder wie wir mit den Indianern feierten

Am Montag ist Kolumbus-Tag. Der wird zur Erinnerung an die Ankunft Christopher Kolumbus am 12. Oktober 1492 in den USA und auch in einigen Ländern Südamerikas gefeiert. In den Staaten ist immer der zweite Montag im Oktober Feiertag. Aber nicht überall. Denn die Ankunft der Europäer auf dem amerikanischen Kontinent wird schon längere Zeit kontrovers diskutiert. Seit den 1960ern setzt sich das "American Indian Movement" für die Rechte der Indianer in den USA ein. Besonders in Berkeley ist man sich der negativen Folgen der Entdeckung Amerikas für die Ureinwohner, die "native Americans", bewusst. Und hier legt man auf die Gleichstellung aller Menschen den höchsten Wert. 1992, zum 500. Jahrestag, wurde der Columbus Day in Berkeley deshalb zum "Indigenous Peoples Day" (Indigene Völker-Tag) umbenannt. Das löste ein großes Echo in den Medien aus und hatte Vorbildwirkung für viele andere kalifornische Städte und amerikansiche Eliteuniversitäten.

Noch heute wird an diesen Tag der offiziellen Umbenennung gedacht und auch in diesem Jahr fand in Berkeley der Indigenous Peoples Day (bereits am Samstag) mit einem Indianermarkt und einem Pow Wow statt. Letzteres ist die Bezeichnung für eine Art ritualisierte indianische Kulturveranstaltung. Nordamerikanische Indianer (manchmal auch Nicht-Indianer) kommen zusammen, tanzen, lernen sich kennen und ehren die indianische Kultur. Die Pow Wow-Tänzer spielen dabei eine wichtige Rolle. Auch heute waren einige Tänzer weit angereist, beipsielsweise aus dem 2500 Kilometer entfernten Oklahoma, wo immer noch sehr viele Ureinwohner leben.

Wir wollten es uns nicht entgehen lassen, echten Indianern beim Tanzen zuzusehen! Was auf den ersten Blick aussah wie die Karl-May-Festtage in Radebeul, entpuppte sich schnell als etwas viel Bewegenderes. Wir verfolgten den Azteken-Tanz und nahmen an einem Friedensgebet der Indianer teil. Die Azteken trugen den prächtigsten Kopfschmuck. Viele Pow Wow-Tänzer stellen ihre aufwendige Kleidung selbst her, manche arbeiten Jahrelang an einem neuen Kleid. Mir gefielen auch die Lederschuhe, die sich weich um die Füße wickeln. Die Tänzer fangen zudem sehr früh an zu tanzen, und der älteren Generation ist es wichtig, die Tradition weiterzugeben. Deshalb tanzten auch viele Kinder mit. Und die sahen besonders schön aus! Bei der Ansprache vor dem Friedensgebet zum "Creator" (Schöpfer) erklärte der Moderator, wie müde die Indianer vom Kämpfen sind. Die Ältesten wünschen sich Frieden für ihre Kinder und Kindeskinder, sie wollen, dass sie Teil der Gesellschaft sein dürfen, und ihr indianisches Erbe dabei einbringen dürfen. Mir kamen die Tränen, denn auch wenn ich mich bisher relativ wenig mit der Geschichte der Indianer in Amerika beschäftigt habe, weiß ich doch, dass die meisten aus dummen Gründen sterben mussten.

Heute stammen nur noch knapp ein Prozent (etwa drei Millionen) der US-amerikanischen Bevölkerung komplett von amerikanischen Ureinwohnern ab. Kalifornien ist der Bundesstaat mit den zahlenmäßig meisten Indianern, aus über 100 (eher kleinen, unbekannten) Stämmen! Uns fiel bei dem Ureinwohnerfest aber auf, dass viele der Indianer, die meisten in auffallender Kleidung, ganz verschiedene Hautfarben haben! Wir hatten allerdings noch in keinem Indianerfilm schwarze, lateinamerikanische oder gar echte weiße Krieger gesehen! Im Laufe der neueren amerikanischen Geschichte mischten sich wohl auch hier die Lebensläufe bunt, so wie im Rest der Bevölkerung. So leben noch einmal rund drei Millionen Amerikaner mit teilweise indianische Wurzeln hier, von denen sich manche mehr, manche weniger mit ihrem Erbe identifizieren. Und das Verhältnis zwischen diesen beiden Gruppen ist auch bisweilen angespannt. Die heute anwesenden Tänzer identifizierten sich aber offensichtlich sehr mit ihren indigenen Vorfahren. Und bei der allgemeinen Verwirrung über die amerikanische (Nicht-) Identität sind indianische Wurzeln auch etwas sehr Besonderes. Die Betonung, dass die Vorfahren schon seit 10.000 Jahren hier leben ist etwas Außergewöhnliches, wenn mehr als 98 Prozent der Bevölkerung eingewandert sind!

Die Stämme sind allerdings in ihrer Entwicklung und Kultur so vielfältig, dass ich als Nicht-Expertin schnell das Handtuch werfen muss. Nur so viel: Die berühmten Azteken waren ein Stamm der Nahua-Gruppe, der heute größten indigenen Bevölkerungsgruppe Nordamerikas. Die leben bis heute vorwiegend in Zentralmexiko. Durch die hohe Einwanderungsrate aus Mexiko leben aber auch inzwischen in den USA viel mehr Menschen mit dieser Abstammung. Der Tanz der schönen Kopfschmuckträger ist ein Azteken-Tanz. Hier ein Video (sieht am besten im kleinen Format aus...) und ein paar Fotos:







Der Haupttrommler beim Azteken-Tanz.

Auch die Kinder steckten in aufwendigen Kleidern, wunderschön!

Der Indianermarkt bot eine große Auswahl an Traumfängern, aber dieser Schmuck war besser!


Kopfschmuck im Rollkoffer.

Helene und Indianerkinder.


Einer der Tänzer mit indianischen und afrikanischen Vorfahren.



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