Sonntag, 7. September 2014

Goldrausch in Kalifornien



Verheißungsvolles Glitzern: Die Goldfunde in Kalifornien waren so groß,
dass sie den gesamten Landstrich auf den Kopf stellten.

Eigentlich ist "Goldrausch" eine irrtümliche Übersetzung des so ähnlich klingenden Wortes "Gold Rush" (Rush steht hier für Ansturm). Trotzdem treffen beide Worte sehr gut den Zustand Kaliforniens ab dem Jahr 1848: Am 24. Januar entdeckte James W. Marshall im Sägewerk des Schweizers John Sutter am American River ein Goldnugget, einen Goldklumpen. Die zwei Männer testeten die Echtheit des Wertmetalls und entschieden, Stillschweigen zu bewahren. Sutter gehörten damals große Teile Kaliforniens, die er als Agrarflächen nutzen wollte, und er befürchtete, dass seine Pläne durch den Goldfund durchkreuzt würden. Das Geheimnis hielt sich aber nicht lange. Schon im März verkündete die Zeitung in San Francisco: "Gold! Gold! Gold from the American River!" 

Zum Zeitpunkt des ersten Goldfundes gehörte "Alta California" noch zu Mexiko, war aber im Mexikanisch-Amerikanischen Krieg bereits von den USA besetzt. Weniger als zwei Wochen später beendete der "Vertrag von Guadalupe Hidalgo" den Krieg. Als am 19. August des Jahres mit dem "New York Herald" die erste große Zeitung der Ostküste vom Goldfund berichtete und am 5. Dezember President James Polk mit den Goldfunden den Mexikanisch-Amerikanischen Krieg rechtfertigte, kam eine Lawine ins Rollen: Hunderttausende hofften darauf Gold zu finden und machten sich auf den Weg nach Kalifornien. Circa 90.000 erreichten Kalifornien im Jahr 1849 und wurden später 49er genannt. Unter ihnen nicht nur Amerikaner der Ostküste und des Mittleren Westens, sondern vor allem Chinesen, Lateinamerikaner und später auch Europäer. Die Befürchtungen Sutters bestätigten sich, er und sein Land wurden von den Goldgräbern geradezu überrollt. Im Nachhinein wurde Sutter sogar vom kalifonischen Staat enteignet.


Kaliforniens Gesicht änderte sich durch den Goldrausch dramatisch: Auf der einen Seite wuchsen die Städte und neue Siedlungen wurden gegründet. San Francisco, das 1847 erst 500 Siedler zählte, hatte im Jahr 1870 bereits 150.000 Einwohner. Zwischen 1850 und 1870 wuchs die weiße Bevölkerung Kaliforniens von 92.000 auf 560.000! Der Highway 49, der noch heute durchs Gold Country Kaliforniens führt, wurde neben vielen weiteren Straßen gebaut. 1850 wurde der Staat Kalifornien ausgerufen und in die Union der USA aufgenommen. Dampfschiffe und später Eisenbahnverbindungen zur Ostküste brachten noch mehr Glücksritter in den jungen Bundesstaat.


Aber nicht nur Sutter leidete darunter, dass ihm seine Arbeiter im Goldfieber davon rannten. Unter anderem blieben hunderte Schiffe in der San Francisco Bay liegen, weil sich die Matrosen auf Goldsuche machten. Die ehemaligen Soldaten des Krieges gegen Mexiko wurden kurzerhand Goldminenmitarbeiter. Allein in San Francisco gab es wegen dem unkontrollierten Bevölkerungsanstum mehrere Feuer, wegen den unhygienischen Zuständen breiteten sich Flöhe und Ratten aus, 1851 brach eine Choleraepedemie aus. Außerdem wurde bei der Goldgewinnung tonnenweise Quecksilber freigesetzt, das Flüsse und Seen verschmutzte.


Die Indianerbevölkerung hatte am meisten unter dem Goldrausch zu leiden: Indianer wurden enteignet, gezwungen ihre Heimat zu verlassen und von ihrer natürlichen Lebensmittelgewinnung abgeschnitten. Heute geht man davon aus, dass von den geschätzt 150.000 Indianern, die damals in dem Gebiet Kaliforniens lebten, circa 100.000 zwischen den Jahren 1848 und 1868 starben. Mehr als 4.500 von ihnen wurden ermordet. Die restlichen starben an Krankheiten, die die weißen Siedler mitbrachten, oder verhungerten einfach. Indianerkinder wurden teilweise wie Sklaven verkauft.


Die meisten Goldsucher fanden nicht ihr Glück. Sie wurden nicht reich, wie sie gehofft hatten. Viele, die tatsächlich Geld machten, wie die frühen Ankömmlinge der 49er, verloren es nicht selten im Glücksspiel. Die Klischees über Schießereien betrunkener Männer in den Saloons oder auf den Straßen der neuen Siedlungen sind durchaus wahr. Mokelumne Hill, eine kleine Stadt am Highway 49, verzeichnete in einem Jahr in 17 aufeinanderfolgenden Wochen mindestens jeweils einen Toten. Die Stadt Placerville hieß wegen der vielen Hinrichtungen dort sogar vorübergehend "Hangtown". Außerdem starben viele Goldsucher aufgrund von Minenunfällen oder Krankheiten. Lateinamerikaner und Chinesen mussten bald höhere Steuern auf ihre Goldfunde zahlen als Weiße. Die Chinesen verdienten daraufhin als Wäscher der schmutzigen Arbeitskleidung. Lebensmittelpreise schnellten in die Höhe, und letzten Endes waren Händler die Gewinner des Goldrausches. Einer von ihnen war der Deutsche Levi Strauss, den es wegen dem Goldrausch nach San Francisco gezogen hatte, und der aufgrund der Bedürfnisse der Goldgräber die Jeans erfand. Einer, der sein Glück als Minenarbeiter im Gold Country suchte und darin scheiterte, war Mark Twain. 


Zwar gab es auch Frauen, die dem Goldrausch folgten, doch waren das vergleichsweise wenige. Viele reisten mit ihren Männern, manche kamen um ihr eigenes Glück zu suchen. Als Prostituierte konnten sie "leichtes" Geld verdienen. Und hier durften Frauen auch außerhalb ihres Rollenklischees eigene Unternehmen aufbauen. Viele der Frauen starben aber schon auf der beschwerlichen Reise nach Kalifornien und nicht wenige endeten als Witwen, weil ihre Männer bei der gefährlichen Arbeit ums Leben kamen.


Als ab 1854 das Gold industriell abgebaut wurde, war die Zeit der privaten Goldgräberei vorbei. Manche Orte hatten schon bald keine Goldvorräte mehr zu bieten und wurden verlassen, die Arbeiter zogen weiter. 1863 galt der Goldrausch als vorüber. Mancherorts wurde allerdings bis in die 1960er Jahre Gold abgebaut. Noch heute besitzt Kalifornien den offiziellen Beinamen "Golden State". Im englischen spricht man außerdem vom "California Dream", um den schnellen Erfolg in der neuen Welt zu beschreiben, wenn jemand in kurzer Zeit mit Arbeit und ein bisschen Glück sehr reich werden kann.


Um das Leben während des Goldrausches etwas nachempfinden zu können, haben wir uns auf den Weg ins Gold Country entlang des Highways 49 in der Sierra Nevada gemacht. Noch heute stehen viele hübsche Städtchen entlang der Hauptstraße mit ihren schönen weißen Geländern, einem Saloon und einem Hotel in der Stadtmitte und einer kleinen weißen Kirche am Stadtrand. In Columbia wohnt allerdings niemand mehr. Diese Stadt wurde komplett zum Museum umfunktioniert und ist für Besucher kostenlos begehbar. (Vielen Western, wie z.B. High Noon, diente Columbia außerdem als Filmkulisse.) Besonders Kinder können hier Geschichte erlebbar begreifen und selbst unter Anleitung Gold waschen. Wir haben uns in staubiger Hitze auf die Reise in die Vergangenheit begeben. Helene war von der Pferdekutsche begeistert, mein Mann studierte Infotafeln und ich habe wie immer alles im Bild festgehalten. 




Henry Wells und William Fargo gründeten 1852 ein Postkutschenunternehmen.

Später übernahm Wells Fargo auch Finanzdienstleistungen und transportierte Gold.

Mit dieser Wage wurde jahrzehntelang das Gold gewogen.

Die Goldsucher reisten mit wenig Gepäck, in dem sie all ihr Hab und Gut transportierten.

"Belohnung. $ 10.000 in Gold ..."
- solche Steckbriefe gab es seltener als wir aufgrund der Western denken.

Der Gerichtssaal in Columbia war trotzdem eine wichtige Institution.


Luxusfahrzeuge im Wilden Westen.

Anständige Damen kleideten sich trotz der Hitze in langen Kleidern.

Helene spielt einen Lausbub im Goldrausch-Zeitalter.

Ich probiere Kleid und Haube für Mädchen.
Zu Lachen hatten die damals wenig, oder?

Im transportablen Safe machte das Gold seinen Weg nach San Francisco.

Mit diesen Gewehren wurden die Goldfunde verteidigt.

"Frauen willkommen."

Das Hotel wirbt mit dem neuesten Komfort: "Betten mit Federn."


Das Lebensmittelgeschäft. Ein Ei kostete einen Dollar aufgrund der hohen Nachfrage.

Der Dorfschmied hatte viel zu tun.


Sonntagsspaziergang mit Sonnenschirm. Es sind über 30 Grad Celsius.

Diese Waschrinne transportiert heute noch Gold- und Sandteilchen im Wasser.
In flachen Pfannen kann man Gold aus dem Wasser waschen.

Während des Goldrausches wurde viel Staub in Kalifornien aufgewirbelt.

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