Dienstag, 25. November 2014

Der Traum von der Green Card


Glitzer-Sticker für Amerika-Fans: USA - Land, das ich liebe ...

Als mein Mann vor einem guten Jahr die frohe Botschaft über sein Stipendium für einen Forschungsaufenthalt in den USA erhielt, wussten wir relativ wenig über die bürokratischen Hürden, die auf uns zukommen würden. Als Wissenschaftler konzentrierte sich mein Mann auf die inhaltlichen Absprachen mit dem Professor an der University of California, Berkeley, mit dem er zusammen arbeiten würde. Von Anfang an war klar, dass wir ihn als seine Familie begleiten würden, wir wussten nur noch nicht, wie lange. Da das Stipendium der Deutschen Forschungsgesellschaft (DFG) glücklicherweise auch für unsere Flüge aufkommt, war der Rahmen von mindestens sechs Monaten vorgegeben (denn das war die Bedingung für die Kostenübernahme für Familienmitglieder). Schließlich entschlossen wir uns, das Abenteuer von Anfang an gemeinsam zu erleben. Ich war als Ehefrau die Begleitung und recht ahnungslos über meine Möglichkeiten. Jetzt, wo wir in wenigen Tagen das Land verlassen, bin ich um einiges klüger. Und ich wünschte, ich hätte manche Dinge bereits vorher gewusst!

Die wichtigste Erkenntnis: Ab sofort war ich abhängig von meinem Mann. Ich bekam ein von dem Visum meines Mannes abhängiges Visum. D.h. ich habe nur eine Aufenthaltserlaubnis, so lange sich mein Mann in den USA aufhält. Mein Hauptzweck ist, meinen Mann zu begleiten und zu unterstützen. Das ist zwar schön und gut, nur kann man dabei schnell versauern, wenn man (bzw. frau) daneben nicht noch eine andere sinnvolle Aufgabe findet. Die Sorge um unsere Tochter teilte ich mir nach zwei Monaten mit einem Tagesvater, wo sie viel positive Anregung bekam, Englisch lernte und Spielkameraden traf. Ich hatte mir zwei Ziele im Vorfeld gesetzt: Einen Blog über unsere Erfahrungen schreiben und eine Freiwilligenarbeit finden, die möglichst meinen Lebenslauf bereichert. Ich wollte ja kein zehnmonatiges Loch in meiner Tätigkeit als Journalistin auf dem Papier sehen.

Dass ich tatsächlich die Möglichkeit hätte, arbeiten zu gehen, erfuhr ich aber leider erst, als ich bereits einige Wochen im Land war. Was viele begleitende Ehepartner nicht wissen: Bereits der Visa-Antrag entscheidet über das (Arbeits-) Leben, das man in den USA führen darf! Da unser Visa-Antrag aber etwas kurzfristig und chaotisch zwischen Weihnachten und Neujahr letzten Jahres gestellt wurde und uns außerdem das Abflugdatum Anfang Februar im Nacken saß, waren wir froh, dass wir wenigstens wussten, welches Visum mein Mann beantragen musste! Ich hatte dabei noch Glück, denn mein Wissenschaftlergatte erhielt ein J1-Visum. Das trifft vor allem für den wissenschaftlichen Austausch zu und zwingt denjenigen, der es erhält, nach dem USA-Aufenthalt mindestens zwei Jahre wieder in sein Heimatland zurückzugehen. In dieser Zeit ist unter normalen Umständen auch keine erneute Einreise in die USA erlaubt. (Und, da ich ja abhängig bin, trifft das auch für mich zu!) Immerhin soll die in den USA gewonnene Erkenntnis zurück ins Heimatland gebracht werden, von dem ja auch unser Aufenthalt bezahlt wird. 

Wir waren geschockt, denn als Wissenschaftler ist es durchaus üblich, von einem Land ins nächste zu gehen, und nicht zwangsläufig nach Deutschland zurückzukehren. Das ist aber nicht erlaubt. Möchte man nach Ablauf des J1-Visums weiterhin in den USA arbeiten, kostet das rund 250.000 Dollar für eine Verzichterklärung von Seiten der USA. Mein Mann erfuhr, dass wir auch in diesem Punkt Glück haben, denn der Geldgeber kann einen Stipendiaten genauso freistellen und die DFG ist in diesem Punkt sehr kooperativ.

Mein Visum nennt sich wegen der Abhängigkeit J2 und es gibt mir die Möglichkeit, neben der Unterstützung meines Mannes, eine Arbeitserlaubnis zu beantragen, wenn ich einmal in die USA eingereist bin. Der Antrag ist natürlich bürokratisch und nicht ganz leicht zu verstehen. Die Bearbeitungszeit beträgt im Schnitt drei Monate und in dieser Zeit kann man sich dann bereits bewerben, darf aber nicht die USA verlassen. Man bekommt die Arbeitserlaubnis nur für die Dauer des Visums. Wird das Visum verlängert, muss man die Arbeitserlaubnis auch neu beantragen und jeder Antrag kostet 380 Dollar. (Ein J-Visum kann maximal auf fünf Jahre ausgedehnt werden.) Da kann man sich dann selbst überlegen, wie die Prioritäten liegen. In meinem Fall war unsere Aufenthaltszeit zu kurz, um mich nach der gewonnenen Erkenntnis mit Anträgen und Bewerbungen herumzuschlagen (außerdem sind Anstellungen in Kalifornien auch nicht so einfach zu bekommen).

Aber spinnen wir den Faden weiter und stellen uns vor, dass mein Mann ein tolles Jobangebot in den USA erhielte und seine Geldgeber auf die Zwei-Jahres-Einreisesperre verzichteten. Würden wir auswandern und mein Gatte so ein Arbeitsvisum bekommen, sähe das für mich ziemlich schlecht aus! Denn das H1B-Visum wird teuer vom Arbeitgeber bezahlt (entgegen dem kostenlosen J1-Visum, das die Universitäten bevorzugen), allerdings wird nicht für die entsprechende Arbeitsgenehmigung für die begleitenden Partner gezahlt. Mit einem H2-Visum dürfte ich überhaupt nicht arbeiten und wäre demzufolge noch viel abhängiger von meinem Mann. Mein einziger Zweck bestünde darin, zu Hause zu sitzen und vielleicht noch ein paar Babys in die Welt zu setzen! Ich denke, dass es viele unglückliche Frauen gibt, die in dieser Situation stecken, z.B. Inderinnen, die ihre im Silicon Valley arbeitenden Männer begleiten.

Es gibt noch ein paar andere Visa-Typen, die ich wegen der Kompliziertheit hier nicht näher erläutern will. Nur das Journalisten-Visum, das ich theoretisch hätte beantragen können, soll recht einfach zu bekommen sein. Vorausgesetzt, man kann einen Arbeitsauftrag von einem deutschen Medium nachweisen. 

Da die ständige Visa-Frage und Verlängerungen der Arbeitserlaubnis natürlich Nerven aufreibend werden können für den, der unbefristet hier arbeiten und leben möchte, ist das höchste Ziel, eine Greencard zu bekommen. Dann wäre auch das Problem der abhängigen Partner geklärt. Eine Greencard bestätigt den Wohnsitz in den USA mit der Absicht eine amerikanische Staatsbürgerschaft zu beantragen und ist gleichzeitig eine unbefristete Arbeitserlaubnis. 

Allerdings dürfen im Jahr nur eine bestimmte Anzahl an Greencards zugelassen werden, um - böse gesagt - die US-Bürger davor zu schützen, dass Ausländer ihnen die Arbeitsplätze wegnehmen. Zur Zeit sind das 140.000 im Jahr, die aufgrund einer Beschäftigung eine Greencard beantragen können - und da gehören die begleitenden Familienangehörigen bereits mit dazu! Meistens ist im April das Kontingent fürs gesamte Jahr bereits ausgeschöpft. Allerdings hätte mein Mann als Wissenschaftler und obendrein Ingenieur aus Deutschland besonders gute Karten, denn diese Berufszweige werden hier bevorzugt aufgenommen. Lediglich die Kontingente der chinesischen und indischen Ingenieure werden bei der Vergabe der Greencards voll ausgeschöpft.

Der Antrag einer Greencard ist sehr kompliziert und besonders teuer: 1.070 Dollar kostet der Antrag pro Erwachsenem und immerhin noch 635 Dollar für unter 14-jährige Kinder. Soll es schneller gehen, muss man eine extra Gebühr bezahlen. Der Antragsteller muss nachweisen, dass sich sein Lebensmittelpunkt in den USA befindet. Es ist schwierig, das Land nach der Antragstellung für längere Zeit zu verlassen (was bei Wissenschaftlern durchaus notwendig sein kann). Natürlich wird gefragt, bei welcher Bank man ein Konto hat, ob die Kinder auf eine amerikanische Schule gehen, ob man einen kalifornischen Führerschein besitzt und in welchem Land man seine Einkommenssteuern zahlt. Der Arbeitgeber muss außerdem nachweisen, warum ein Ausländer besser für den speziellen Job geeignet ist, als ein US-Bürger. Es gibt Juristen, die sich ausschließlich mit solchen Anträgen beschäftigen und sie für ihre Klienten durchboxen. Einer von ihnen heißt Adam Green (nicht zu verwechseln mit gleichnamigen Sänger). Er hat an der UC Berkeley einen Kurs über Visa-Fragen für Wissenschaftler gehalten und bestätigte den Eindruck, den wir seit unserem eigenen Visa-Antrag bekommen hatten: Die USA sind kein Einwanderer-freundliches Land! "Die Amerikaner haben ein sehr kompliziertes Immigrationssystem geschaffen, von dem alle sehr frustriert sind.", sagt Adam Green. 

Man kann es zwar auch bei der Greencard-Lotterie versuchen (immerhin 55.000 Aufenthaltsgenehmigungen werden so jährlich vergeben), ansonsten ist nur die Familienzusammenführung noch eine Möglichkeit, eine Greencard zu erhalten. Dazu muss man aber einen Angehörigen haben, der US-Bürger ist. Und wenigsten erhalten auch 70.000 Flüchtlinge und 10.000 Asylanten im Jahr eine Greencard (bei über 317 Millionen Einwohnern kommt mir das nur recht wenig vor).

Die Familie zu Hause kann ich beruhigen: Wir hegen zur Zeit keine Pläne dauerhaft in die Staaten auszuwandern. Bei mir hat sich aber das Bild der USA als Einwanderungsland enorm geändert. Denn so offen uns hier (vor allem in Berkeley) die Amerikaner gegenüber sind, desto schwieriger scheint es, die bürokratischen Hürden für einen Aufenthalt in Amerika zu meistern. Ich frage mich, wie schwer es für diejenigen ist, die schlechtere Voraussetzungen als wir haben und deswegen aber umso mehr darauf angewiesen sind, in die USA einzuwandern. Auf jeden Fall zieht das Land nach wie vor die Hoffnungsvollen an. Ob sie hierbleiben dürfen, ist eine andere Frage.

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