Samstag, 26. April 2014

"Don't freak out!" - Leben mit der Erdbebengefahr


"Tsunami Gefahrenzone
Begeben Sie sich im Falle eines Erdbebens zu einem erhöhten Punkt oder ins Inland" 

An einem romantischen kleinen Strand, umgeben von hohen Felsen, vor uns die rauschenden Wellen des Pazifiks, steht dieses kleine Schild: Tsunami-Gefahrenzone. Und plötzlich werden wir wieder vom kalifornischen Alltag eingeholt: Das nächste Erdbeben kommt bestimmt. Kaum jemand spricht darüber. Aber in jedem offiziellen Papier, in öffentlichen Gebäuden usw. stehen Hinweise, wie im Falle eines „disasters“, z.B. eines Erdbebens, vorgegangen wird. Die nicht einschätzbare Gefahr begleitet uns und jeden, der an der Westküste Amerikas lebt.

Zur Beruhigung meiner Leser muss ich sagen, dass nicht jedes Erdbeben in einer Katastrophe endet. Die schwächsten Erdbeben spüren nicht einmal alle Menschen. Im letzten Monat bebte die Erde allein in der San Francisco Bay Area 41 mal, aber eben nur schwach. Manchmal wackelt es zwar merklich, aber es entsteht nicht wirklich ein Schaden. So war es in Berkeley zuletzt vor einem halben Jahr, am 15. Oktober 2013. Und anscheinend ist es besser, wenn es öfter mal ein kleines Beben gibt, als lange gar keines. Denn dann erhöht sich der Druck der tektonischen Platten aufeinander und entlädt sich vielleicht in einem großen Erdstoß. Leider kann auch die Wissenschaft Erdbewegungen nicht vorhersehen. Niemand weiß also, wann es das nächste Mal passiert.

Heute haben wir uns in Berkeley darüber informiert, wie man sich im Ernstfall verhalten soll. Die Stadt veranstaltete eine kleine Messe, wo Rotes Kreuz, Feuerwehr und Polizei Erste Hilfe Maßnahmen erklärten und verschiedene Organisationen Broschüren verteilten, in denen steht, was zu tun ist.

Ich unterhielt mich mit einem netten jungen Mann vom „Berkeley Disaster Preparedness Neighborhood Network“ (Berkeley Nachbarschaftsnetzwerk zur Katastrophen-Vorbereitung). Er drückte mir einige Zettel in die Hand und empfahl mir, mich beim nächsten Treffen in der Nachbarschaft zu vernetzen. Als ich ihm sagte, dass ich noch nie in meinem Leben ein Erdbeben erlebt habe, lachte er. Er konnte das kaum fassen! Er riet mir: „Don't freak out! Don't panic!“

Ich soll also nicht ausflippen oder panisch reagieren, sondern unter einen Tisch oder ein Bett kriechen und mich so vor herabstürzenden Gegenständen schützen. Und immer schön von den Fenstern fernhalten. Dann zeigte er mir noch eine Ansammlung von Dingen, die man unterm Bett verstecken sollte, falls das Beben einen nachts überrascht: Eine Taschenlampe und neue Batterien, feste Schuhe und Socken (weil man ja im Bett barfuß liegt, bei einem stärkeren Beben aber die Fenster kaputt gehen und überall Glassplitter liegen könnten), eine Notfalldecke, eine Plastikflasche mit Trinkwasser (es könnten Wasserrohre kaputt gehen), eine Staubmaske und Arbeitsschutzhandschuhe, mit denen man scharfe Gegenstände wegräumen kann, eine Trillerpfeife, um Hilfe herbeirufen zu können.

Die wichtigsten allgemeinen Maßnahmen, die jeder  tun sollte, sind: genügend Trinkwassservorräte an einem dunklen, leicht zugänglichen Ort im Haus oder Garten zu lagern, sie alle sechs Monate aufzufrischen sowie nach einem stärkeren Beben die Gas- und Stromleitungen abzuschalten, so dass kein Feuer entstehen kann (das verursachte beispielsweise bei dem großen Erdbeben 1906 in San Francisco die schwersten Schäden). Vom Handy aus darf man nur SMS an Nicht-Kalifornier versenden, um Verwandte über das eigene Befinden zu unterrichten. Telefonieren ist untersagt, um die Netze nicht zu überlasten. Als Deutscher sollte man nach einem Erdbeben (oder auch bei anderen Katastrophen im Ausland) immer mit anderen Deutschen eine Gruppe bilden. Das Auswärtige Amt und die deutschen Botschaften wissen durch die Visa, wer sich im Land aufhält, müssen nach Deutschen suchen und sie im Ernstfall außer Landes bringen.

Auf der Messe heute hatte sich auch ein Versicherungsanbieter einen Stand gesichert. Gebäudeversicherungen machen im Erdbebengebiet mal wirklich Sinn! Übrigens wurde San Francisco nach dem Beben 1906 deshalb so schnell und schön wieder aufgebaut, weil es die ersten Gebäudeversicherungen gab, und diese dann auch zahlen mussten.


In der Lawrence Hall of Science zeigen diese Bilder Kindern, dass kurz vor unserer
Haustür die Pazifische Platte und die Nordamerikanische Platte aufeinander stoßen.



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