Helene
studiert jetzt! "Welcome to the new greenhouse students!", wurde unsere Tochter von ihrem neuen Tagesvater in seiner Rundmail an die Eltern begrüßt. Als "student" wird also eine
Zweijährige bezeichnet, die weder von den Eltern, noch von einer Nanny
betreut wird, sondern (in unserem Falle) in einer "homebased
daycare". Ich berichtete von der Suche nach dem richtigen
zweiten Zuhause. Bei André im Greenhouse (er wohnt in einem grünen Haus) haben wir das gefunden. Wir
hoffen, dass sich Helene schnell bei ihrem Tagesvater eingewöhnt.
Er
ist ziemlich locker und macht lustige Sachen mit den Kindern. Das
kommt auch bei unserer Tochter sehr gut an. (Da es in Amerika leider
keine ostdeutschen Krippenwägen gibt, hat er sich beispielsweise
einfach Räder an ein Gitterbett gebastelt. Er düst damit zum
Spielplatz oder zur Kinderturnhalle und die Kinder hüpfen
quietschend auf der Matratze herum.) André geht aber auch sehr
liebevoll mit seinen inzwischen acht Schützlingen um. Zeitweise wird
er von seiner Tochter Anna unterstützt. Vor neun Jahren hat André
als Tagesvater angefangen, als seine eigenen Zwillinge betreut werden
mussten. (Hier eher selten, dass dann der Papa zu Hause bleibt.)
Unter Berkeleys Eltern hat er einen guten Ruf. Eigentlich ist es für
Helene jetzt ganz ähnlich wie bei ihrer deutschen Tagesmutter, nur
dass sie immer noch etwas irritiert ist, wenn andere nicht Deutsch
sprechen. Zum Glück hat André eine deutsche Mutter. Er spricht zwar
nicht fließend Deutsch, aber doch so viel, dass er die wichtigsten
Worte versteht. Das, so hoffe ich, wird Helene den Übergang
erleichtern.
Ansonsten
wird unser kleines Lenchen immer mehr ein großes Mädchen, plappert
den ganzen Tag und erzählt mir, an was sie sich alles erinnert! (Das
ist oft schon mehrere Monate her!) Auch über ihre Gefühle redet
sie. Heute wartete sie geschlagene 17 Minuten an der offenen Haustür,
dass endlich ihr Papa von der Arbeit kommt. Als sie zwischendurch die
Geduld verlor und die Tür knallte, erklärte sie mir: "Ich bint
ganz wütend!" Oder sie setzt sich in eine Ecke, weit weg von
anderen lauten Kinder und sagt: "Ich braucht meine Ruhe, Mama!"
Aber
um auf das amerikanische Bildungssystem zurückzukommen: Nicht mehr
lange, und Helene muss zur Schule. Mein Mann und ich rätseln zwar
immer noch, welcher Begriff, ab welchem Alter der richtige ist
(preschool, school, kindergarten ...), aber eines steht fest: Die
Karriere wird auch bei den Kleinsten schon sehr forciert. Sie müssen
bereits im Kindergartenalter zählen und lernen die ersten
Buchstaben. Unsere Nachbarstochter Freya musste mit fünf Jahren
bereits Rechen - und Leseübungen als Hausaufgaben erledigen. Die
unbeschwerte Kindheit ist hier anscheindend sehr kurz.
Da wir keine Kinder im (deutschen) Schulalter haben, weiß ich nicht, wie es mit elementary und highschool etc. aussieht, geschweige denn erst mit dem Studium oder der Ausbildung. (Ich wundere mich als Deutsche natürlich über die Berufsbezeichnungen und habe langsam den Verdacht, dass jeder sich hier selbst eine geben kann, wenn er oder sie nur mal in dem Bereich gejobbt hat. Also nicht vergleichbar mit dem strengen deutschen Ausbildungssystem ...) "Student" wird man jedenfalls noch an der Uni genannt. Aber über Universitäten, vor allem die UC Berkeley, berichte ich ein anderes Mal.
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