Dienstag, 11. März 2014

Wo Disney in die Lehre ging



Nein, wir waren nicht im Disney Land. Es steht auch nicht auf unserer Liste. Obwohl für eine Familie, die Kalifornien besucht, kaum ein Weg daran vorbei führt. Wir waren allerdings im ältesten Themen-Vergnügungspark Amerikas, dem Fairyland in unserer Nachbarstadt Oakland. Dieses Märchenland, speziell für Familien mit kleineren Kindern entworfen, öffnete 1950 seine Tore. Es wurde schnell über die Stadtgrenzen hinaus bekannt und andere Kommunen eröffneten bald ihre eigenen Themenparks nach diesem Vorbild. Schließlich ließ sich auch Walt Disney vom Fairyland inspirieren! Er warb sogar die erste Direktorin des Fairyland ab, um für ihn zu arbeiten. Disney Land wurde fünf Jahre später im Süden Kaliforniens eröffnet.





Fairyland wirkt heute auf Erwachsene etwas schäbig und heruntergekommen. Die bunte Farbe platz an vielen Stellen der lustigen Figuren ab. Auf anderen Bauten wächst schon eine Moosschicht. Unsere Kinder waren aber von den vielen Attraktionen geradezu überwältigt: Sie fuhren mit der Bimmelbahn, sahen Schneewittchen (das – wen wundert's – wie im Disneyfilm aussieht), rannten durch Klangtunnel und kletterten im Wilden Westen die Treppe vom Saloon zum Hotel empor. Natürlich aßen wir die unvermeidlichen Pommes mit Ketchup (die hier „French fries“ heißen). 

Das am liebevollsten gestaltete Eckchen dieses wirklich kleinen Vergnügungsparks war aber das Puppentheater. Seit 1956 gehört das „Open Storybook Puppet Theater“ zu Fairyland und ist das älteste fortlaufende Puppentheater der USA, an jedem Öffnungstag gibt es Vorführungen. Helene verfolgte gebannt die Geschichte von der Landmaus, die die Stadtmaus besucht und somit die Gefahren des Stadtlebens kennen lernt …




Wir hatten noch nicht den Streichelzoo besucht und waren auch nicht mit dem Karussel gefahren, da hatten Helene und ihre Freundinnen bereits die Quängelstufe rot erreicht. Selbst in diesem kleinsten Vergnügungspark, den man sich vorstellen kann, war die Reizüberflutung vorprogrammiert. Als wir auf dem Rückweg zum Parkplatz an ein paar Kletterbäumen vorbei liefen, merkte ich, wie gern sich unsere Kinder einfach in der Natur bewegen wollten. Und vor allem bei meiner Zweijährigen stellte ich fest, dass sie von einem Moment auf den anderen ganz ausgeglichen wirkte, als sie Stöcke und Blumen sammeln konnte.


Dann wurden wir noch in ein anderes Märchenland entführt: Nicht weit von unserem Haus entfernt, mitten im Wald gibt es ein altes Karussell, das hier nicht herzugehören scheint (eher nach Wien der 1920er Jahre …). Begleitet von Jahrmarktsorgelmusik sind wir mit unseren Töchtern auf dem Vintage-Karussell gefahren, haben Eis gegessen und die schönen geschnitzten Tiere bestaunt. Bisher wird der Betrieb immer noch von einer kleinen Familie geführt und vielleicht macht das das Ganze noch nostalgischer. In diesem Jahr soll das Karussell allerdings verkauft werden und wer weiß wie lange das Verwunschene dann noch bestehen bleibt.







Und noch etwas gibt es bei uns um die Ecke im Wald und sogar in dem ein oder anderen Vorgarten: Hirsche. Die haben wir bereits bei unserem ersten Spaziergang gesichtet, und Lenchen rief laut begeistert: Reh, Reh! Ja, richtig, ich sagte, es sind Hirsche. Aber sie sehen eher aus wie Rehe, sind auch ähnlich groß, was meinen Mann in den letzten Wochen nicht mehr losgelassen hat. Wer ihn kennt, weiß, wie er sich in solche Detailfragen hinein verbeißen kann. Er hat lange auf Wikipedia recherchiert und jeden Amerikaner gefragt, der nicht schnell genug davonlaufen konnte: Die kennen keine Rehe. Es gibt in Amerika nämlich keine. In Kalifornien gibt es aber Schwarzwedelhirsche, die kleiner sind als europäische Hirsche. Und um die handelt es sich hier wohl.



Wenn die Amerikaner aber keine Rehe kennen, bleibt die Frage: Was ist dann eigentlich Bambi? "A deer", sagen die Amis wie aus der Pistole geschossen, ein Hirsch! Und auch das wollte Falk genauer wissen und forschte in den tiefen des Internets. Seine Erkenntnisse: Bambi ist in der amerikanischen Version des Disneyfilms von 1942 ein Weißwedelhirsch. Die Geschichte hat Disney aber wie immer geklaut, von dem Wiener Dichter Felix Salten, dessen Buch „Bambi. Eine Lebensgeschichte aus dem Walde“ 1923 erschienen ist und mit der er weltberühmt wurde. In diesem Buch ist Bambi ein Reh und wurde auch in der deutschen Fassung des Films wieder zum Reh zurück übersetzt. Anscheinend sehen sich Reh- und Hirschkitze zum Verwechseln ähnlich. Dem Erfolg des Disneyfilms haben diese feinen Unterscheide zumindest keinen Abbruch getan.





1 Kommentar:

  1. Ach Ruth, du schreibst so schön- das zu lesen ist wie ein kleiner Kurzurlaub. Und das mit dem Weißwedelhirsch- sehr interessant! Ich dachte immer "deer" heisst auch Reh - jetzt haben die Amis gar keine Rehe, die Armen! Habt ihr denn jetzt einen KIndergartenplatz für Lenchen?
    Schick euch ganz liebe Grüße über den großen Teich! Christina

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