Montag, 16. Februar 2015

Stimmungen in Norwegen


Wenn der Mann um die Welt reist, ganz dienstlich natürlich, dann reise ich eben hinterher. So kommt es, dass wir in der denkbar ungünstigsten Jahreszeit in Norwegens zweitgrößter Stadt, in Bergen, gelandet sind. Das Kontrastprogramm zu Kalifornien: nirgendwo in Europa regnet es mehr als hier. Die Luftfeuchtigkeit beträgt durchschnittlich 75 Prozent, das ganze Jahr über. Die Norweger sind ein ruhiges, in der Regel gut gekleidetes Volk, unter dem die Gleichstellung von Mann und Frau normal und die Einkommensunterschiede gering sind. Grummelig sind sie trotzdem, Begeisterungsstürme sind selten zu erwarten. Nur die Lebenshaltungskosten lassen sich mit denen in San Francisco messen. Ich dachte ja, teurer geht es nicht! Nur sind eben hier auch die Steuern extrem hoch und in Folge die öffentlichen Einrichtungen und sozialen Leistungen schick. Dabei leben die auch noch in einer Monarchie!

Die Jahrhunderte alten engen Gassen in Bergen mit den schmucken Holzhäusern haben es mir natürlich angetan, sogar bei Regen. Deutsche waren in Bergen bereits seit dem Mittelalter gegenwärtig, die Hanse prägte das Stadtbild. Überhaupt: diese Geschichte! Da fragt man sich, was die Menschen bewogen hat, sich schon vor 10.000 Jahren hier im Norden niederzulassen, wo aufgrund der Dunkelheit Winterdepressionen geradezu vorprogrammiert, das Wetter unbehaglich und die Landschaft karg sind. Wer geht schon freiwillig in diese nasse Kälte?!

Sie haben es sich aber ganz hübsch gemacht mit ihren bunten Häusern, diese Norweger. Anscheinend haben sie gelernt, sich mit den Elementen zu arrangieren. Die rauen Felsen sehen bei näherer Betrachtung sogar märchenhaft aus, so Moosbewachsen wie sie sind. Und Edvard Munch echt und in Farbe zu bestaunen, gibt auch etwas her. Da zeigt sich doch, dass auch den Norwegern tiefe Gefühle nicht fremd sind!

Leider währt mein Aufenthalt nicht lang genug, um noch mehr Klischees zu widerlegen. Nur eines noch: Große starke Männer (sprich: Wikinger) trinken Milch - und zwar fettlose! Als mein Gatte und ich ratlos vor dem Kühlregal im Supermarkt nach der Milchpackung mit natürlichem Fettgehalt suchen, fragen wir nach. Der Wikinger sucht. So etwas trinken in Norwegen nur Omas, erfahren wir. Aha! Deshalb stehen nur wenige Exemplare in der untersten Ecke versteckt. Der Wikinger erklärt weiter: "Hier, das ist die Milch, die ich immer kaufe: 0,1 Prozent Fett, fast wie Wasser, das ist die Beste!" Bei den lächerlich hohen Alkohol-Steuern haben sich die Nordmänner wohl ein neues Lieblingsgetränk suchen müssen!

An einem Wochende besteigen mein Mann und ich dann das Boot für einen Ausflug in den Sognefjord und geraten in den Schneesturm Ole. Uns wird mulmig im Magen, aber die Norweger bleiben cool. "Windstärke 7,9 - das ist offiziell noch nicht einmal Sturm!", erfahren wir von der Crew. Der Fjord ist so aufgewühlt wie auf keinem Bild in den Touristen-Prospekten. Das Hotelzimmer in Vik finden wir vor lauter Schneeverwehungen kaum. Außerhalb der Saison herrscht in dem Örtchen völlig tote Hose. Belohnt werden unsere Anstrengungen am nächsten Morgen als wir die Stabkirche Hopperstad aus dem Jahr 1130 schwarz und knorrig im weißen Schnee vorfinden.  

Norwegens raue Schönheit ist einzigartig.  Hier einige Beweise, die ich einfangen konnte:

Landeanflug: Insellandschaft vor der Westküste Norwegens.

Holz in hellen, bunten Farben - so lebt man froher im Winter.



In Alt-Bergen (Gamle Bergen) stehen die kleinen Häuser dicht gedrängt.


Mehrere große Brände - begünstigt durch die Holzbauweise vernichteten viele alte Straßen
- diese hier gibt es noch immer.



U-Boot der norwegischen Marine im alten Hafen. Das erste Mal, dass ich sowas sehe!

Kriegsschiff aus ferneren Zeiten.

Bryggen - das deutsche Hansequartier ist noch enger gebaut als der Rest.

In diesen Speichern lagerten schon im Mittelalter wertvolle Waren.

Eingang zu den "Tyske Bryggen" vom Hafen.


Die Gebäude sanken seit Jahrhunderten ab, deshalb ist diese Tür eben schräg.

Blick auf den Hafen Bergens vom Berg Fløyen.

Schneespaziergang in Vik, am Sognefjord.


 Panoramabild - zum Vergrößern anklicken. 

Hopperstad Stabkirche in Vik, 1130 erbaut.





Heidnische Symbole waren beim Bau geduldet.
So entstanden die berühmten Drachenköpfe an den Stabkirchen.

Türverzierung. Die Kirche ist außerhalb der Saison geschlossen - alles andere auch.


Die schwarze Farbe ist kein Ruß, sondern Teer, der das Holz schützen soll.

Diese Kirche ist nur 50 Jahre jünger als die Stabkirche und aus Stein.

Deshalb erinnerte sie eher an Mecklenburg, aber ist untypisch in Norwegen.



Der Sognefjord versteckt sich das ganze Wochenende im Nebel.






Das Schnellboot gehört zum öffentlichen Verkehrssystem und bringt uns zurück nach Bergen.



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