Fünf
Tage nach unserer Einreise, haben wir ein amerikanisches Konto
eröffnet. Jetzt haben wir also eine Adresse in Kalifornien, jeder
eine Kreditkarte und Falks Chef hat uns für nächste Woche zum
Dinner eingeladen (verbunden mit einem konkreten Datum gilt eine
Einladung auch als solche). Wir sind also in Amerika angekommen. Das
ist für Menschen, die ein wenig Geld haben, nicht so schwer. Wenn man
zudem einen so seriösen Arbeitgeber wie „Cal“ angeben kann, die
University of California in Berkeley, wird man mit offenen Armen
empfangen.
Was
schwieriger ist, und was wir vielleicht unterschätzt haben, ist das
mentale Ankommen hier. In Kombination mit dem Jetlag, wo der Körper
versucht, neun Stunden Zeitunterschied mit der Inneren Uhr in
Einklang zu bringen, ist das eine große Herausforderung – vor
allem wenn man mit einem Kleinkind reist. Allein der Flug war eine
Tortur, Falk und ich waren 24 Stunden am Stück wach, Helene hat in
der selben Zeit nur gut zwei Stunden geschlafen. Im Flugzeug war sie
viel zu aufgeregt und wir hatten keinen Platz zum Schlafen (Lufthansa
können wir in dieser Hinsicht nicht empfehlen!).
Helene ist echter Digital Native und hat im Flugzeug sofort den Touchscreen entdeckt. |
Zum Glück war es
Abend als wir gelandet sind und wir konnten erst einmal schlafen –
soweit unser Körper mitgemacht hat. Komischerweise hat uns selbst
unser Appetit verlassen, wir sind total durcheinander und nicht nur
müde, sondern uns ist geradezu schwindelig. Die Zweijährige schien
den Zeitunterschied erst besser zu bewältigen als wir Erwachsenen,
aber dann ist sie irgendwann auf einem Nein-Trip hängen geblieben
und seitdem extrem quenglig und anstrengend.
Unsere
Wohnung ist aber zum Glück ein richtiges Zuhause und wir sind
heilfroh, dass wir hier gestrandet sind. Wir wohnen in
North Berkeley, auf dem Berg, mit Blick auf die Golden Gate Bridge
(zumindest fast, man muss nur circa 100 Meter die Straße weiter
gehen, um sie zu sehen) – eine eher teure und gute Wohngegend. Was ich
besonders schön an unserem Zuhause finde, ist das ganze Grün
drumherum – eine Mischung aus deutschem Mittelgebirge und
Mittelmeervegetation. Es riecht nach Harz und wunderbaren Blüten,
Magnolien- und Kirschbäume stehen in voller Pracht, Pinien- und
Zitronenbäume zieren die Gärten und auch die ein oder andere Palme. Wenn wir nur zehn Minuten den Berg
hochgehen, stehen wir in dem riesigen Tilden Regional Park, wo einige der berühmten Redwood Trees, Mammutbäume, wachsen.
Zu
unserer Wohnung gehört auch ein Hof, der von der Küche aus
einsehbar ist – perfekt für eine kleine Familie. Schaukeln und
Grill sind schon bereit. Einziger Hinderungsgrund für ausgedehnte
Aufenthalte im Freien ist momentan nur der Regen. Er hat angefangen
kaum dass wir einen Tag hier waren – meine Theorie, dass ich die
Regengöttin in Person bin, bewahrheitet sich einmal mehr. Ob Ibiza,
Südfrankreich oder das sonnige Kalifornien: kaum reise ich ein,
regnet es. Der ganze Januar war hier im Durchschnitt zu warm, es
schien permanent die Sonne. Die letzten anderthalb Jahre hindurch herrschte hier die größte Dürre seit 150 Jahren – das haben die Hydrologieprofessoren, mit denen Falk arbeitet, bestätigt. Die für die Vegetation so wichtigen feuchten
Wintermonate waren viel zu trocken. Aber zum Glück bin ich
hergekommen (Ich sollte Geld vom Bundesstaat Kalifornien verlangen, dafür dass ich hier bin!). Jetzt regnet, nein, schüttet es seit fünf Tagen
unaufhörlich, die Luftfeuchtigkeit beträgt gefühlt 150 Prozent.
Lässt der Regen nach, kriecht der Nebel in alle Ritzen...
Dieser Blick von unserem Balkon wird uns wohl auch die nächsten Monate begleiten - auch im Sommer kann es hier sehr neblig werden. |
Wir sind also mehr oder weniger gezwungen uns im Haus aufzuhalten. (Auch weil wir kein Auto haben und eine Wanderung durch den sintflutartigen Regen nicht sinnvoll ist. Es gibt auch keine Bürgersteige und die Einkaufsmöglichkeiten liegen natürlich nicht um die Ecke – so wie es sich für Amerika gehört.) Unser Haus ist aber wirklich schnuckelig, gebaut in den 1940er Jahren, mit original erhaltener Küche und den wunderbaren intergrierten Schränken (in diesem Punkt sind uns die Amerikaner an Praktikabilität weit voraus). Unsere Vermieter haben die Wohnung im Vintage-Stil gehalten, was uns sehr gefällt.
Und
glücklicherweise haben unsere Vermieter auch zwei kleine Mädchen,
das heißt sie sorgen dafür, dass wir als Familie hier gut
zurechtkommen. Sie haben nicht nur ein Kinderbett gekauft und leihen
uns Autositz und Sportwagen für Helenchen aus, sondern haben ihr ein
richtiges Spielparadies eingerichtet. Das neue Spielzeug findet
Helene natürlich ganz spannend, aber noch toller sind die anderen zwei Kinder. Sobald Helene die Mädchen unten hört,
will sie zu ihnen. Uns trennt nur eine kleine Treppe von der anderen
Wohnung im Haus. Was kann es schöneres für Kinder geben?!
Wir
fühlen uns also sehr wohl hier und versuchen, die Schwierigkeiten
mit dem Jetlag, den teuren Lebenshaltungskosten und allgemeinen
Unsicherheiten mit der neuen Währung, neuen Maßeinheiten und einer
anderen Temperaturenskala auszublenden. Was soll's? Wir leben in
Amerika!
Die Golden Gate Bridge im Hintergrund liegt wie so oft im Nebel ... |
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